Nirou Chani

Nirou Chani liegt nahe dem Strand von Kokkini Khani, östlich von Heraklion und unweit der Villa von Amnissos. Ausgegraben von Stephanos Xanthoudidis in den Jahren 1918-1919, veröffentlicht 1922.
Dieses zweigeschossige Gebäude hatte 40 Räume im Erdgeschoß, es gab 2 Höfe, einen nach Osten und einen in Richtung Norden. 
An der Südseite des Osthofes wurden die Reste riesiger “Kulthörner”, die einen Altar bekrönten, gemeinsam mit Freskofragmenten, die “heilige Knoten (“sakral knots”) darstellen, gefunden. Weiters 4 bronzene Doppeläxte, 40 dreifüßige Altäre, andere rituelle Gegenstände wie Steinlampen, Vasen etc.
Die große Anzahl an Fundgegenständen, lässt darauf schließen, dass sie für einen weitaus größeren Gebäudekomplex ausreichend gewesen wären, oder man könnte annehmen, dass Nirou Chani ein religiöses Zentrum war, oder wie Evans vorschlägt, ein Zentrum war, das sich auf die Herstellung von Votivgaben spezialisiert hatte. 
Könnte es ein wichtiges ländliches religiöses Zentrum gewesen sein? Oder war es Teil einer größeren Siedlung mit weiteren Gebäuden in der Umgebung? Die Entdeckung eines kleinen minoischen Hafens bei Agii Theodhori ist zu wenig aufschlussreich, aufgrund des zerstörten Befundes.

Die Bauweise:

Nirou Chani ist ein luxuriöses Haus, mit 2 Stockwerken, aus großem Quadermauerwerk gebaut. Die Mauern waren durch Fachwerk verstärkt und mit einer dicken Putzschicht und Marmorplatten bedeckt. Das Gebäude besitzt einen gepflasterten Hof, einen Schrein, Lagerräume für landwirtschaftliche Produkte, eine Treppe und Räume mit Bänken.
Die Haupthalle im Gebäude verfügt über Türen mit Einlegearbeiten, die den Raum in zwei Bereiche abtrennen konnten, ähnlich dem Raum der Doppeläxte in Knossos.

Die Innenausstattung vieler dieser Häuser ist, wie auch in den palatialen ”Villen”, von herausragender Qualität, wie das Beispiel Nirou Chani zeigt. Hier sind die Wände der ‘Minoischen Halle’, die sich auf einen gepflasterten Hof hin öffnet, sowie einiger anderer Räume mit Gipssteinplatten verkleidet. Auch drei Bänke und die Bodenplatten eines Teils der Räume sind aus diesem nicht wasserfesten weiß-beigen Stein. Freiflächen sind dagegen mit einem wasserfesten, harten Stein gepflastert, so z.B. ein im Inneren liegender Lichthof mit Schieferplatten. Die Türpfeilerbasen aus sorgfältig bearbeitetem Gips- oder Sandstein weisen rechteckige oder klammerartige Formen auf. Auf ihnen standen die aus Holz gearbeiteten Tür- und Polythyronpfeiler. Eine Doppelsäulenstellung befand sich bei der ‘Minoischen Halle’ und hat vermutlich als Haupteingang fungiert. Insgesamt gesehen weisen die städtischen ”Villen” ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Repräsentations- und Wohnräumen, Vorratsräumen und Freiflächen auf.
Das Erdgeschoß an der Nordseite des Gebäudes wurde als Lagerraum für hauswirtschaftliche Produkte wie Getreidekörbe, oder Pithoi für Wein und Olivenöl  genutzt. Der Südflügel war für die Lagerung von religiösem Inventar wir Altäre, Lampen etc. vorgesehen.

Aufgrund der zahlreichen rituellen Gefäße wurde es als Haus des Hohepriesters interpretiert. Das Haus wurde wahrscheinlich im 16. Jhdt v. Chr. (MM III Periode) erbaut und, nach der Zerstörung durch Feuer im 15. Jhdt. (SM IB Periode) schließlich verlassen.

Forschungsgeschichte:

Das “minoische Megaron” in Nirou Chani wurde 1918 durch Stephanos Xanthoudides ausgegraben. 1960, wurde die Ausgrabung unter dem Grabungsleiter Nikolaos Platon, eingezäunt und das Gebäude restauriert.

Interessant: eine Anzahl an Votiv-Schalen wurde gefunden, die Reste von vulkanischem Bimsstein (Vulkanausbruch Thera/Santorini) enthielten und wurden unterhalb eines Schreines deponiert. Rodney Castleden meint, in der Absicht, diese als Neugründungs-  oder Wieder-Einweihungs-Depot zu hinterlegen, nachdem das Gebäude wieder instandgesetzt wurde.
Auch in Nirou Chani weisen Veränderungen in der Bausubstanz auf eine Funktionsänderung hin, und es ist anzunehmen, dass dieses Gebäude nicht als das Haus eines ”Dorfvorstehers” oder ”Hafenkommandanten” diente, wie der Ausgräber S. Xanthoudides bzw. nach ihm A. Evans mutmaßten. Vielmehr wurde auch hier die ursprüngliche Einheit des Baues aufgegeben und die Fläche am Ende der Nutzungsdauer in verschiedene Wohn- und Arbeitseinheiten unterteilt. Diesen Veränderungen gehen Erdbebenzerstörungen voraus, die an das Ende von SM I A zu datieren sind

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