in der Neuzeit

Die ab 1870 von Heinrich Schliemann und seit 1900 von Arthur Evans und anderen freigelegten Denkmäler der bronzezeitlichen Ägäis fielen in die intellektuell bewegten sowie künstlerisch innovativen Jahrzehnte des europäischen “Fin de Siècle”, als der Neoprimitivismus und eine revoltierende Befreiungsbewegung der Kunst in Form, Stil und Inhalt zur Blüte gelangten.

Dieses zeitliche Zusammentreffen der Entdeckung einer manieristisch anmutenden, von Blumenlandschaften und Spiralornamentik geprägten Kunst des frühägäischen “Homo ludens” mit einem auf ähnlichen Vorlieben beruhenden künstlerischen Ausdruck der europäischen Avantgarde ließ in der Forschung bereits des öfteren einen kausalen Zusammenhang vermuten. Vermeintliche Regellosigkeit und Irrationalität im Bild stellen bis heute Attribute insbesondere des kretisch-minoischen Formgedankens dar, dessen Rezeption zur Zeit des “Fin de Siècle” viel mit einer Sehnsucht nach Andersartigkeit und Ursprünglichkeit, nach einer Rückbesinnung auf den “Zauber” und das “berückende Schauspiel einer schöneren Welt”, so der Archäologe Valentin Müller, zu tun hatte und eine ägäische Kontrastsphäre zur griechischen Klassik wie auch zum europäischen Klassizismus präsentierte.
Aus:
F. Blakolmer, Überlegungen zur Rezeption minoisch-mykenischer Kunst zur Zeit des Jugendstils, in: Akten der Tagung: Antike Tradition in der mitteleuropäischen Architektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Prag und Litomysl, 10. – 15. November 1998, Studia Hercynia 3 (Prag 1999) 133-141.

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